Unoccupied Territories
In diesem Programm zeigen wir Ronny Hardliz' Film Unoccupied Territories I: and here I am zusammen mit Divina Obsesión von Volko Kamensky und The Freedom Bus, produziert vom Freedom Theatre.
UNOCCUPIED TERRITORIES I: AND HERE I AM
Schweiz 2021, 30 Min., Digital HD, E Regie, Konzept: Ronny Hardliz
Mit: Ahmed Tobasi
Ahmed Tobasi lebt im Flüchtlingslager von Jenin im palästinensischen Westjordanland. Er wächst unter der Okkupation auf, mag Fussball, verliebt sich in den staubigen Gassen des Refugee Camps in ein bildhübsches Mädchen und entdeckt unerwartet seine Leidenschaft für das Bühnenlicht, als er neugierig in das örtliche «Steintheater» reinguckt. Er ist jedoch auch beeindruckt von der Balaklava, der Sturmhaube seines Vaters, die er im Schlafzimmer seiner Eltern versteckt findet. Sie ist ein Legat seines Vaters als Widerstandskämpfer.
Ahmed Tobasis Geschichte hat der Autor Hassan Abdulrazzak in seinem Stück «and here I am» für die Bühne adaptiert. Tobasi spielt seine eigene Geschichte und schildert seine Reise vom Islamischen Jihadisten zum Schauspieler. Unterwegs fragt er, ob die Bühne, so wie es Juliano Mer-Khamis behauptet, wirklich so schlagkräftig sein kann wie eine Kalaschnikow AK-47. Der Enthusiasmus, mit welchem das Stück gefeiert wurde, deutet darauf hin, dass sie das kann, auch wenn nicht ganz klar ist, ob das Stück oder Tobasis eindrückliche persönliche Wandlung beklatscht wird. Ronny Hardliz doku- mentiert in seinem Film nicht einfach eine Vorstellung, sondern lässt eine autonom kreisende Kamera in mehreren Umgängen eine Adaption des Stücks aufzeichnen.
«Unoccupied Territories I: and here I am ist das Resultat eines künstlerischen Forschungsprojekts (SNF-Spark), das besondere Filmmethoden und deren Einfluss auf Kollaborationen untersucht. Inhaltlich und ästhetisch geht es um die Situation und das Gefühl, wenn uns der Boden unter den Füssen entzogen wird, hier am Beispiel von Palästina. Der Film dokumentiert nicht die palästinensische Situation an sich, sondern wie das Freedom Theatre im Flüchtlingslager in Jenin künstlerisch mit der Okkupation umgeht. Ein bestehendes Theaterstück wird für die Kamera adaptiert und neu inszeniert, für eine besondere Kamera, die ungeachtet der Handlung autonom rotiert. Diese Kamera erzeugt erst die Kollaboration zwischen Schauspieler und Regisseur und so eine Übersetzung des Stücks aus dem theatralischen in den kinematografischen Raum. Die rotierende Kamera ist aber auch in der Lage, die angesprochene Bodenlosigkeit nicht nur begrifflich sondern durch die besondere, bewegte Ästhetik auch emotional auf die Betrachter zu übertragen.» Ronny Hardliz
DIVINA OBSESION
Deutschland 1999, 28 Min., Digital HD, OV
Regie, Konzept: Volko Kamensky
«Ein Dokumentarfilm über Kreisverkehr-Mittelinseln in Frankreich, mit telefonisch eingeholten Kommentaren deutscher Experten für ebensolche Verkehrsleitsysteme, die vielfach einen ‹Ersatz für sonst zu signalisierende Knotenpunkte› bilden. Der typische Kamensky-Dead-pan sieht so aus: die Kamera bewegt sich langsam und gleitend durch die Motivlandschaft, in diesem Fall eben Kreisverkehre in Frankreich, auf deren Mittelinseln nicht selten pittoreske Kunstwerke errichtet wurden. ‹Kunst im Kreisel› nennt das ein Fachmann. Auf der Tonebene die Stimmen von Menschen, die Kamensky anruft und von denen er sich Material holt, mit dem Gestus des arglosen Fragestellers: ‹Mir ist da noch einiges unklar›. Dass es ihm nicht wirklich um Aufklärung darüber geht, warum man sich ‹wieder darauf besonnen› hat, Strassenkreuzungen durch Kreisverkehre zu ersetzen, ist klar. Die Stimmen helfen dabei, einen Blick auf eine Wirklichkeit zu richten, die sich als fremdartiger (surrealer) erweist, als es im Alltag zu Bewusstsein kommt. Die Musik, zum Beispiel von Yma Sumac, steigert die Verfremdung zusätzlich ins Komische.» Bert Rebhandl, Cargo 2011
THE FREEDOM BUS
Palästina 2019, 27 Min., Digital, OV/e
Regie: Alaa Ali Abdallah (REGASH) Konzept: The Freedom Theatre
«Anfangs April 2020 hätte die Freedom-Bus-Tour beginnen sollen. Unter der Leitung von Faisal Abu Alhayjaa hätten fast 50 Kunst- und Theaterschaffende, Medienleute und Influencer aus der ganzen Welt versammelt werden sollen, um in Solidarität mit den jungen Theaterstudierenden der Freedom Theatre School of Performing Arts (geleitet durch Ahmed Tobasi) auf einer Tour durch das Jordantal, die südlichen Anhöhen von Hebron und die Region um Bethlehem gemeinsam aufzutreten. Diese Tour musste wegen der globalen Corona-Pandemie verschoben werden — also teilen wir, bis wir wiederbeginnen können, dieses dokumentarfilmische Material über den ersten im Oktober 2019 veranstalteten Versuch mit dem Freedom Bus.» The Freedom Theatre