You Were Never Really Here
GB 2017, 90', DCP, E/d/f. Ab 16 (16) J., Regie Lynne Ramsay. Drehbuch Lynne Ramsay, nach dem gleichnamigen Buch von Jonathan Ames. Mit Joaquin Phoenix, Judith Roberts, Ekaterina Samsonov, John Doman, Alex Manette.
Taxi Driver in Trance: Die schottische Regisseurin Lynne Ramsay (We Need to Talk About Kevin) wirf in ihrem formal unkonventionellen und beklemmend düsteren Rachefilm Schlaglichter in das Innenleben eines traumatisierten Killers. Joaquin Phoenix erhielt 2017 in Cannes den Darstellerpreis, Ramsay den Drehbuchpreis.
Ein von seiner Vergangenheit traumatisierter Kriegsveteran (Joaquin Phoenix) sucht vergeblich nach Erlösung, indem er Frauen rettet, die dem kriminalisierten Sexhandel zum Opfer fallen. Eines Tages bekommt er von einem New Yorker Senator den Auftrag, dessen halbwüchsige Tochter Nina zu befreien, die in einem Bordell festgehalten wird. Im Lauf dieser Mission gerät Joe unerwartet in ein politisches Komplott. Auf einem Terrain, das er nicht kennt, zwischen Gegnern, die ihm an Macht weit überlegen sind, startet er einen Rachefeldzug.
Lynne Ramsay nutzt die Hard-boiled-Erzählung von Jonathan Ames zu einem Film, der die Genre-Erwartungen konsequent unterläuft. Sie interessiert sich mehr für die düstere Ambiance als für die Erzählung, mehr für die Psyche ihres Protagonisten als für Action. Mit einer fast schon chaotischen, assoziativen Montage mischt sie Erinnerungen, Visionen und Realität, vieles bleibt bruchstückhaft und geheimnisvoll, zugleich nimmt sie Bezug auf Werke wie Taxi Driver, The Night of the Hunter oder Two Lovers. Der Film lebt zudem von der physischen Präsenz von Joaquin Phoenix, der hier einen Mann spielt, der sozusagen tot ist. Viel zur beklemmenden Ambiance trägt auch der Soundtrack von Radiohead-Gitarrist Jonny Greenwood bei.