Phoenix
Deutschland 2014, 98', DCP, D/f. Ab 12(16) J., Regie Christian Petzold. Drehbuch Christian Petzold, Harun Farocki (Mitarbeit). Mit Nina Hoss, Ronald Zehrfeld, Nina Kunzendorf, Daniela Holtz, Michael Maertens.
Deutschland im Jahre Null: Christian Petzold erzählt von einer Identitätssuche nach dem Trauma schlechthin - dem Holocaust. Nina Hoss spielt eine KZ-Überlebende, die von ihrem Mann nicht loskommt.
Juni 1945. Schwer verletzt, mit zerstörtem Gesicht wird die Auschwitz-Überlebende Nelly von Lene, Mitarbeiterin der Jewish Agency und Freundin aus Vorkriegstagen, in die alte Heimat Berlin gebracht. Kaum genesen von der Gesichtsoperation, macht sich Nelly, den Warnungen Lenes zum Trotz, auf die Suche nach Johnny, ihrem Mann. Doch Johnny ist fest davon überzeugt, dass seine Frau tot ist. Als Nelly ihn endlich aufspürt, erkennt er nicht mehr als eine beunruhigende Ähnlichkeit. Johnny schlägt ihr vor, in die Rolle seiner tot geglaubten Frau zu schlüpfen, um sich das Erbe der im Holocaust ermordeten Familie Nellys zu sichern. Nelly lässt sich darauf ein. Sie wird ihre eigene Doppelgängerin. Sie möchte wissen, ob Johnny sie geliebt hat. Ob er sie verraten hat. Nelly will ihr Leben zurück.
«Christian Petzold bewegt sich immer tiefer, gleichsam im Rückwärtsgang, in die deutsche Geschichte hinein. Nach Barbara (....) hat er sich an Phoenix gewagt, eine Studie der Folgen der Shoah auf die Körper und die Psychen der überlebenden Täter und Opfer. Petzolds siebenter Kinofilm (und seine sechste Zusammenarbeit mit Nina Hoss) basiert zum Teil auf Hubert Monteilhets Tagebuchroman ‹Le retour des cendres› (1961), aber ebenso sehr auf den Geschichten, die das Kino der 1940er-Jahre in heftiger Reaktion auf den Faschismus erdachte. So gelingt es Petzold, das Irreale seines Unterfangens zu betonen, von Auschwitz indirekt zu berichten, die Obszönität der Direktheit zu vermeiden, die sich bei diesem Thema verbietet. Er bezieht die hohe psychologische, moralische und politische Komplexität dieser Inszenierung aus einer Story, die als gross angelegte Metapher erscheint: Wie konnte man nach dem Ende des nationalsozialistischen Terrors zu einer Identität kommen, den Übergang in eine Zeit des Misstrauens, der Denunziation, der Lüge, des Verrats bewerkstelligen, sich im Kräftespiel aus Hass, Wut und Verdrängung selbst finden?» Stefan Grissemann, «Profil», Dezember 2014