Undine
Deutschland 2020, 90', DCP, D/f. Ab 12 (16) J., Regie Christian Petzold. Drehbuch Christian Petzold. Mit Paula Beer, Franz Rogowski, Maryam Zaree, Jacob Matschenz, Anne Ratte-Polle.
Eine Liebe, die gegen die Entzauberung der Welt antritt: Christian Petzold holt die Undine-Sage ins Berlin von heute und interpretiert den Stoff mit Paula Beer und Franz Rogowski in den Hauptrollen in fantastischen Bildern neu.
Das Wasser ist ihr Element. Undine wohnt in Berlin, ist Historikerin und Expertin für Stadtentwicklung. Ihr Leben verläuft in geordneten Bahnen, bis ihr Freund sie aus heiterem Himmel verlässt. Wenn Undines Liebe verraten wird, so heisst es in einer jahrhundertealten Sage, muss sie den treulosen Mann töten und ins Wasser zurückkehren, aus dem sie einst gekommen ist. Undine aber will das alles nicht, sie will nicht gehen. Sie begegnet dem Industrietaucher Christoph, der in der geheimnisvollen Unterwasser-Welt eines Sees arbeitet. Die beiden verlieben sich ineinander – doch Christoph ahnt, dass Undine ein Geheimnis hat.
«Das Gemälde, auf dem die Nymphe ihren berühmten Auftritt hat, heißt ‹Die Geburt Johannes’ des Täufers› und stammt von dem Renaissance-Maler Domenico Ghirlandaio. (...) ‹Die Nymphe ist eine heidnische Göttin im Exil›, hat der Kunsthistoriker Aby Warburg mit Blick auf Ghirlandaios Gemälde einmal gesagt. Mit diesem Bild beginne die moderne Imaginationsgeschichte der Wasserfrau, und ihre wichtigste Aufgabe sei es, unsere erstarrte Einbildungskraft wieder in Bewegung zu setzen. Mit verblüffenden Anspielungen macht Petzold aus dieser Tradition Kinostoff reinsten Wassers, aber er tut es viel radikaler, als es die zarte romantische Deckschicht seines Films vermuten lässt: Die Liebe zwischen Undine und Christoph verkörpert gleichsam das Gegenprinzip zur Welt der ökonomischen Menschen, sie ist jenseits von Tausch und Berechnung, von Kalkül und Habenwollen. Die beiden sind frei und spekulieren auf nichts, oder klassisch gesagt: Sie erotisieren den Intellekt und vergeistigen die Natur. ‹Du sagst so viele schlaue Sachen auf so schöne Weise›, sagt er zu ihr. Als Realist weiß Petzold, dass die Versöhnung von Natur und Vernunft zu schön ist, um wahr zu sein, doch als Romantiker rettet er das Märchenhafte in das freie Spiel von Kinobildern, die immer wieder neu in ihre Rätselhaftigkeit eintauchen. An der unbedingten Lebendigkeit der mythischen Undine sollen die falschen Mythen der Gegenwart zugrunde gehen.» Thomas Assheuer, «Die Zeit»