There is no Evil
Iran 2020, 150', DCP, Farsi/d/f. Ab 16 J., Regie Mohammad Rasoulof. Drehbuch Mohammad Rasoulof. Mit Ehsan Mirhosseini, Shaghayegh Schourian, Kaveh Ahangar, Alireza Zareparast, Salar Khamseh, Darya Moghbeli, Mahtab Servati.
Macht sich schuldig, wer keinen Widerstand leistet? Der iranische Regisseur Mohammad Rasoulof erkundet in vier Episoden, welchen Preis die Menschen in einem totalitären Staat zahlen müssen, um ihre moralische Integrität zu bewahren. Goldener Bär Berlinale 2020.
Heshmat, ein vorbildlicher Ehemann und Vater, bricht jeden Morgen sehr früh auf. Wohin fährt er? Pouya kann sich nicht vorstellen, einen anderen Menschen zu töten, trotzdem bekommt er den Befehl. Javad ahnt nicht, dass sein Heiratsantrag nicht die einzige Überraschung für seine Geliebte an ihrem Geburtstag bleiben wird. Bahram ist Arzt, darf aber nicht praktizieren. Als seine Nichte ihn besucht, beschliesst er, ihr den Grund für sein Aussenseiterdasein zu offenbaren. Die vier Geschichten, aus denen There Is No Evil besteht, sind Variationen über die Themen moralische Kraft und Todesstrafe. Sie fragen danach, bis zu welchem Grad individuelle Freiheit unter einem despotischen Regime und scheinbar unentrinnbaren Bedrohungen möglich ist.
«Wie so oft in der speziellen, indirekten Erzählkultur des iranischen Films betritt dieser ungeheuerlich kraftvolle Film zugleich noch eine übergeordnete allgemeinere Ebene: Rasoulof, der in seinem Heimatland verurteilte Filmemacher, hat ein Meisterwerk über den zivilen Ungehorsam in einer Diktatur gedreht. Noch nie ist einer seiner Filme im eigenen Land gelaufen, vor diesem hier muss sich das Regime besonders fürchten.» Daniel Kothenschulte, «Frankfurter Rundschau»
«Kurz nachdem Mohammad Rasoulof Anfang Jahr mit seinem Drama den Goldenen Bären in Berlin gewonnen hatte, wurde er im Iran zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt und mit einem Berufsverbot für zwei Jahre belegt. Grund: ‹Propaganda gegen das System›. Rasoulof aber ist keiner, der ins Exil flüchtet, er arbeitet sich auch mit «There Is No Evil» am Iran und insbesondere an der Todesstrafe ab. Drehen konnte er den Film nur, weil er die vier Episoden, aus denen das Ganze besteht, als verschiedene Kurzfilmproduktionen anmeldete und seinen Namen verschwieg. Das Resultat ist ein aus abgeschlossenen Episoden konstruiertes Drama über den Versuch, Würde und Charakter zu behalten im repressiven System, wo Männer nicht töten wollen, aber müssen, und Beziehungen zwischen Liebenden für immer vergiftet werden. Beeindruckend komplex, aber doch immer glasklar.» Pascal Blum, «Der Bund»