SOMETHING YOU SAID LAST NIGHT
CA 2022, 96', DCP, E/d. Ab 16 J., Regie Luis de Filippis. Drehbuch Luis de Filippis. Mit Carmen Madonia, Ramona Milano, Paige Evans, Joey Parro, Augustus Oicle, Mi'de Woon-A-Tai.
Die Autorin und Regisseurin Luis De Filippis erzählt in diesem erfrischend klischeefreien Film von lebhaften Familiendynamiken und erkundet den widersprüchlichen Wunsch eines Millennials, unabhängig zu sein und doch umsorgt zu werden.
Die Mittzwanzigerin Ren (Carmen Madonia) fährt mit ihren italienisch-kanadischen Eltern und ihrer jüngeren Schwester Siena in den Urlaub. Ihre Familie weiss nicht, dass sie kürzlich ihren Job verloren hat. Ren versucht, sich in dem auf Rentner:innen ausgerichteten Strand-Resort zurechtzufinden und sich der liebevoll gemeinten, aber übervorsorglichen Art ihrer Eltern zu entwinden, während ihre Schwester die Familie mit ihren rebellischen Ausbrüchen auf Trab hält. Im Wissen, dass Ren nach den Ferien noch mehr auf die Unterstützung ihrer Eltern angewiesen sein wird, fühlt sich das Ferienhaus immer beengender an.
Während der Film perfekt den Tenor eines Sommerurlaubs einfängt, in dem Sonne, verwässerter Alkohol, Langeweile und Peinlichkeiten zum Standard gehören, schwingt unterschwellig das leichte Unbehagen mit, welches Ren als trans Frau im konservativen Ferienort befällt. Jenseits von melodramatischen Stereotypen zeigt uns De Filippis eine Welt, welche die trans Erfahrung authentisch repräsentiert.
«Something You Said Last Night erzählt eine andere Art von Transgender-Geschichte. Die melodramatischen Klischees, die selbst sympathische Darstellungen der Trans-Gemeinschaft getrübt haben, sind der Welt, die Autorin und Regisseurin De Filippis und ihr Team erschaffen, völlig fremd. Der Film widersetzt sich auch dem Klischee, dass italienische Familien kulturell konservativ sind. Die sensible Kameraarbeit von Norm Li fängt Rens Unbehagen und die Beobachtungsgabe der Autorin perfekt ein. Und die Hauptdarsteller (darunter Joey Parro als liebevoller Vater Guido) sind durchweg hervorragend. Dennoch wäre der Film ohne Carmen Madonia nicht denkbar, die eine grossartige Leistung abliefert, die in den kommenden Jahren sicher als wegweisend gelten wird. Das gilt auch für den Film selbst.» Steve Gravestock, Toronto International Film Festival