Komplexe Bilder 5: In front / within / behind the Screen
120', Digital HD, OV/e. Regie Ismaïl Bahri, Filipa César, Louis Henderson. Drehbuch Ismaïl Bahri, Filipa César, Louis Henderson.
Auf dem Programm stehen Arbeiten von Ismaïl Bahri, Filipa César und Louis Henderson. Einführung: Maia Gusberti, anschliessend Diskussion mit Rachel Mader (Hochschule Kunst & Design, Luzern). Studierende erhalten reduzierte Tickets für CHF 10.–
Foyer
Ismïl Bahri, 2016, Video, OV 32 Min., Arabisch/e
Zunächst scheint Foyer eine Projektion ohne Film zu sein, bei der nur eine flatternde weisse Leinwand sichtbar ist. Stimmen begleiten diese weisse Leere. Sie stammen von Leuten, die sich an den Kameramann des Films wenden und ihn fragen, was er tut. Im Laufe des Films nähern sich ein Amateurfotograf, ein neugieriger Passant, ein Polizist und eine Gruppe junger Männer dem filmenden Mann. Während sich die Situation entwickelt, enthüllen die Diskussionen den Zuschauern die Prinzipien eines Films, dessen Entstehung sie mitverfolgen können. Die Filmerfahrung fasziniert die Menschen, sie verwandelt die Kamera schliesslich in ein Foyer (im Sinne einer Feuerstelle), um die sich Menschen versammeln, um zu sprechen, zu diskutieren und zuzuhören. Zuerst auf die Kamera zentriert, enthüllen diese Gespräche schnell einzelne Standpunkte, die die Formen einer bestimmten sozialen und politischen Landschaft nachzeichnen. Sie geben einen Einblick in den Kontext, in dem sich eine zaghafte Arbeitserfahrung entwickelt, die ihren Weg in der unruhigen Welt sucht.
Ismaïl Bahri lebt und arbeitet in Paris. Er studierte Kunst in Paris und Tunis, von wo er ursprünglich herkommt. Seine Arbeiten wurden international ausgestellt und an Festivals präsentiert (eine Auswahl): Cinémathèque de Tanger, Staatliche Kunsthalle (Karlsruhe), Kunst Im Tunnel (Düsseldorf), British Film Institute (London), NYFF New York, Busan International Video art (Corée du Sud), IFFR (Rotterdam), FID (Marseille).
Cacheu
Filipa César, 2012, Video, 10:20 Min., OV/e
«Cacheu ist eine zehnminütige Sequenz aus einer Lesung, performt von Joana Barrios, die sich um vier Statuen aus der Kolonialzeit dreht, welche sich heute in der Festung Cacheu befinden, eine 1588 von den Portugiesen errichtete Bastion, um den Sklavenhandel in dem westafrikanischen Land Guinea-Bissau zu vereinfachen. Der Film evoziert die symbolischen Konflikte, indem die verschiedenen Kontexte zurückverfolgt werden, in denen die Statuen in Erscheinung getreten sind: auf einen Sockel gestellt während der portugiesischen Kolonialzeit, entthront und in einzelne Teile zerbrochen nach dem Ende des Unabhängigkeitskrieges und so in Chris Markers Film Sans Soleil gezeigt, als Gespenster im Hintergrund des Films Mortu Nega von Flora Gomes und schliesslich als Ausstellungsstücke in der Festung Cacheu. Der Prozess der Montage fand vor der Aufnahme statt, das finale Bildprodukt ist Resultat einer performativen Assemblage, bestehend aus Text, Schauspiel, Filmprojektion und den von Kameramann Matthias Biber gewählten Bildausschnitten.» Arsenal, Institut für Film und Videokunst, Berlin
Filipa César geboren 1975 in Porto, lebt als Filmemacherin und Künstlerin in Berlin. Ihre Arbeit beschäftigt sich mit den durchlässigen Grenzen zwischen dem Bewegtbild und seiner Rezeption, den fiktionalen Dimensionen des Dokumentarischen und den Ökonomien, Politiken und Poetiken des Kinos. Ihr Werk wurde international auf Festivals und Biennalen sowie in Ausstellungen präsentiert.
All That Is Solid
Louis Henderson, 2014, Video, 15:40 Min., OV
Eine technografische Studie über E-Recycling und neokolonialen Bergbau, gefilmt auf der Elekromülldeponie Agbogbloshie in Accra und in illegalen Goldminen in Ghana. Während der technologische Fortschritt im Westen voranschreitet, werden riesige Stapel veralteter Computer weggeworfen und recycelt. Aus dem Blickfeld gerissen und an die Küste Westafrikas geschickt, werden diese Computer auf Abfallhalden wie in Agbogbloshie geworfen. Bei der Ankunft wird der Elektroschrott von jungen Männern gesammelt, die die Kunststoffhüllen zerbrechen und verbrennen, um die darin enthaltenen Edelmetalle zu gewinnen. Schliesslich werden die Metalle verkauft, geschmolzen und zu neuen Objekten geformt – ein seltsames System des Recyclings, eine Art umgekehrter neokolonialer Abbau, bei dem die Afrikaner nach mineralischen Ressourcen in den Materialien Europas suchen. Durch die Darstellung dieser Prozesse unterstreicht das Video, wie wichtig es ist, den Mythos der Immaterialität der neuen Technologie zu überwinden und das mineralische Gewicht zu enthüllen, mit dem die Cloud auf ihren irdischen Ursprung gegründet ist.
Louis Henderson, geboren 1983 in Norwich, lebt derzeit in Paris. Henderson hat einen BA in Film and Video vom London College of Communication und studierte am Le Fresnoy - Studio National des Arts Contemporains. Seine Arbeiten wurden u.a. beim Rotterdam International Film Festival, im British Film Institute, im Centre Pompidou, in der Tate Modern und der Whitechapel Gallery gezeigt. Hendersons Filme können als dokumentarische Fiktionen kategorisiert werden, die sich mit Themen wie Postkolonialismus, Geschichte, Politik und Anthropologie beschäftigen. Sein Kino reflektiert die kulturellen und materiellen Überreste der Gesellschaft, und so sind seine Filme im Wesentlichen archäologisch und konzentrieren sich auf die Signaturen des Archaischen in der Gegenwart.